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Haie vor Sylt – oder warum Sex für Haie nicht gesund ist
Keine Wellen auf der Surfcam zu sehen? Nutzen wir das gute Wetter und paddeln mit dem SUP ein wenig die Küstenlinie entlang, genießen die Sonne und die Stille. Die Geräusche, die vom Strand kommen, werden vom Plätschern des Paddels verschluckt. Die Nordsee ist ruhig. Dann sehen wir diesen dunklen Schatten im Wasser. Nur für Bruchteile einer Sekunde bemerken wir aus den Augenwinkeln, dass etwas anders ist als sonst. Einbildung? Wir paddeln weiter. Die diffuse Veränderung unter der Oberfläche erscheint nochmals. Keine Lichtreflexion oder Einbildung. Da war „etwas“.
Schweinswale vor Sylt
Das „Etwas“ ist ein Schweinswal, der uns neugierig umkreist, sich seitlich legt und und uns eine Weile anschaut. Mit hundertvierzig Zentimetern ist er ein ganz schöner Klops und wiegt etwa fünfzig bis sechzig Kilogramm. Die Geschwindigkeit von 22 Stundenkilometern traut man ihnen gar nicht zu. Normalerweise schwimmen sie in einem Tempo, das denen von Passanten ähnelt, die durch die Friedrichstraße flanieren. Gefährlich sind die Meeressäuger nicht. Auch ihre Sprünge sind nicht sonderlich artistisch. Sie durchstoßen die Wasseroberfläche eher lethargisch, um sich dann plump ins kalte Nass zurückfallen zu lassen. Aber sie sind ziemlich clever. Laut Wissenschaftlern unterhalten sie sich über Klicklaute. Je nachdem, ob sie gute Laune haben langsamer – oder wenn sie richtig sauer sind, mit einem Geräusch, das einer Kettensäge ähnelt. Aber wann werden Schweinswale richtig böse? Wenn ein Freßfeind sich nähert, verändert sich Verhalten und Lautstärke. Aber was für Tiere könnten dem Schweinswal schon gefährlich werden? Vor Sylt? Nun – kennt ihr Willy? Eigentlich ist es eine Robbendame. Dies wurde den Menschen erst klar, als sie ein Baby bekam. Mit ihren zweihundert Kilo ist sie wesentlich schwerer als ihre Artgenossen.
Robben auf Sylt
Diese bringen etwa hundertfünfzig Kilogramm auf die Waage. Und ihr Leibgericht sind… ja richtig, Schweinsweile. Robben werden generell unterschätzt. Die Beißkraft der Säuger ist schon gewaltig. Doch keine Sorge. Am K4 ist es uns schon oft passiert, dass plötzlich ein Kopf aus dem Wasser auftauchte und uns betrachtete. Panik ist aber in solchen Situationen nicht angebracht. Robben sind ungefährlich für den Menschen. Es wurde noch nie darüber berichtet, dass ein Surfer von einer Robbe attackiert wurde. Allerdings gibt es ein Video, welches vor ein paar Jahren viral ging, als eine Robbe ein Surfbrett enterte und es sich darauf bequem machte.
Kompassquallen und Feuerquallen
Viral ging vor ein paar Jahren auch eine Quallenplage vor Sylt. Bei Ostwind begeben sich Plagegeister in Richtung Küste. In Massen schweben die gallertartigen Lebewesen dann knapp unter der Wasseroberfläche. Anhand der Farben läßt sich erkennen, ob diese für den Menschen giftig sind. Blau bedeutet – völlig ungefährlich. Die braunen Kompassquallen zu berühren, ist dagegen recht unangenehm. Die Tentakeln sondern ein Gift ab, das ähnlich wie Brennnesseln wirkt. Und dann gibt es noch die wirklich üblen Zeitgenossen. Im Volksmund heißen diese Feuerqualle. Hierbei handelt es sich um die gelbe Nesselqualle. Ein Berühren der Nesseln kann zu Schmerzen führen, die einem Bienenstich nicht unähnlich sind. Neben Rötungen kann es bei Allergie auch zum Schock kommen. Dies ist aber selten. Oft werden Kompass- und Feuerqualle miteinander verwechselt.
Petermännchen
Kleiner, seltener und gefährlicher ist dagegen das Petermännchen. Er lebt ein Leben wie die meisten Redaktionsmitglieder. Es liegt den ganz Tag herum und streift in der Nacht durch die Gegend. Einen Unterschied gibt es aber. Es ist giftig. Tagsüber liegt es im flachen Wasser auf dem Grund und gräbt sich so ein, dass nur noch die Augen herausgucken. Tritt ein Schwimmer, Surfer oder Taucher auf den Fisch injiziert dieser über einen seiner Stachel in Gift in den Fuß. Dies kann zu starken Schmerzen und Schwellungen führen. Aber auch hier keine Panik! Diese Vorfälle sind extrem selten, auch wenn verschiedene Medien das anders darstellen. Da ist von vermehrten Stichen die Rede. Das verhält sich wahrscheinlich so wie die Story mit den Schönen und den Reichen…
Unvermeidlich sind dann natürlich Schlagzeilen wie….
Hai vor Sylt
So titelte die Bildzeitung in ihrer Ausgabe von Dezember 2017 und berichtet von aufkommender Panik. Wir wissen ja, speziell im Winter ist der Strand voll mit badewilligen Touristen.
Ein ohnehin krankes Blauhai-Junges hatte sich verschwommen und ist dann elendig in dem für ihn tödlichen Umfeld verendet. Blauhaie kommen auf Sylt nicht vor. Genauso wenig wie Hammerhaie, Weißspitzenhaie, Graue Riffhaie oder gar Bullenhaie. Erwähnte ich den weißen Hai? Oder wie die Australier sagen – the big fucking white one? Nein, natürlich nicht – obwohl. Kennt ihr den Heringshai? Ein possierliches Tierchen. Ausgewachsen bringt er es auf gute 250cm. Das ist crica so groß, wie eure Zimmerdecke hoch ist. Seine Größe macht ihn für Menschen potentiell gefährlich. Der Heringshai kommt aus der gleichen Familie wie der große weiße Hai. Und es gibt ihn in Nordsee und Ostsee. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr so ein Tier im Wasser sieht, ist vergleichbar mit einem Sechser im Lotto. Da reden wir noch nicht mal von einer Haiattacke oder ähnlichem. Wenn reißerisch getitelt wird, dass ein Riesenhai am „Sylter Außenriff“ gesichtet wurde, dürfte der Meeresbiologe schmunzelnd mit dem Kopf schütteln, denn der Vegetarier ist in etwa so gefährlich wie eine Milchkuh. Es heißt zwar „Sylter Außenriff“ aber es ist 130 Kilometer entfernt und selbst dort sind die Riesenhaie selten anzutreffen.
Im diffusen Licht vor einer unbekannten Küste in südlichen Gefilden auf dem Surfbrett zu sitzen, kann die Nerven strapazieren. Das Stakkato der Cellos von Steven Spielbergs „Jaws“ im Kopf zu haben, macht es nicht besser. Es gibt Küstenbereiche, die man meiden sollte. In Südafrika, Florida oder Brasilen passieren recht viele Unfälle mit dem Raubfisch. In Ägypten kam es in der letzten Woche wieder zu einem Vorfall. Eine 68-jährige Rentnerin aus Österreich wurde von einem Mako-Hai getötet. Er riss ihr einen Arm und ein Bein ab. Der Grund für Haiattacken wird bis heute erforscht. Zunehmend geschehen diese in Tourismusorten, in denen die Haie öffentlich gefüttert werden. Vom Boot oder wahnsinnigerweise vom Land werden Fischabfälle ins Meer geschüttet, um die Raubfische anzulocken. Diese merken sich das Verhalten der Zweibeiner und für sie bedeutet dann Mensch gleich Futter. Es wird von Speerfischern berichtet, die bei Hainunfällen schwer verletzt oder getötet werden. Genauer betrachtet, erscheint das nicht unlogisch. Klemmen sich die Fischer die blutenden Beutetiere an den Gürtel oder stecken diesen in einen Sack.
Der Mensch ist nämlich nicht unbedingt Beuteschema. Haie sehen nicht besonders gut. Für sie ist die Silhouette eines Surfers auf dem Board einer Robbe nicht unähnlich. Ein Testbiss endet meist tödlich. Wie dem Hai die Neopren-Fleisch Mischung schmeckt, ist nicht überliefert.
Es läuft eher anders herum. Wir dringen in sein Wohnzimmer ein, pinkeln erst auf seinen Fernseher und entführen dann die Verwandtschaft, deren Flossen wir in eine Suppe werfen. Das führt zu einer Ausrottung dieses so wichtigen Bewohner der Ozeane. Haie stehen unter Artenschutz und somit gibt es Fangverbote. Doch auch hier ist die Geldgier der Antrieb des Menschen. Eine Haifischflosse kann bis zu 1000 Euro kosten und dies ist speziell in Entwicklungsländern ein Haufen Geld. Das perfide daran ist, dass die Fische gefangen werden und ihnen bei lebendigen Leib die Flosse abgeschnitten wird, um sie dann wie Müll zurück ins Meer zu werfen, wo sie elendig zu Grunde gehen. Wahrscheinlich werden sie dort von ihren Artgenossen massakriert. Diese Filmsequenzen werden genutzt, um die Tiere als besonders blutrünstig zu präsentieren.
Der Schwertwal
Und dann gibt es ja noch den gemeinen „Killerwal“. Auch hiervon ist ein Exemplar an die Küste der Insel angetrieben worden. Ein Jungtier wie der Blauhai – Wobei Jungtier bei Walen, dann schon zweieinhalb Meter bedeutet. Das Anspülen des Orcas vor Rantum hat aber noch einen positiven Nebeneffekt. Hätten wir hier Haie und Schwertwale, ja dann…
Es ist bewiesen, dass sich der Weiße Hai möglichst von Gebieten fernhält, in denen der Raubwal sein Unwesen treibt. So geschehen in Südafrika, wo ein Orcapärchen mal eben einen kompletten Küstenabschnitt leerräumt. Zunächst tauchten diverse Haikadaver an der Küste auf. Die Haie wiesen alle die gleichen Bissmerkmale auf. Es fehlten bei den meisten Funden die Leber, das Herz und die Hoden. Hört sich ziemlich gruselig an, beweist aber: Der „Killerwal“ ist ein Feinschmecker, der sich an den Innereien seiner Beute labt. Er wiegt nicht nur fast viermal mehr wie sein fischiger Konkurrent – er ist auch einen Ticken schneller. Doch wie kommt der Wal ohne eigene Verletzungen an die Organe? Schließlich reden wir beim weißen Hai ja auch nicht von „Puh dem Bären“, sondern dem absoluten Predator der Weltmeere. Ganz einfach: Er nutzt die einzige Schwachstelle aus, die ein Hai hat. Sex. Der Herrscher der Meere fällt nämlich in eine Art Schlaf, wenn er auf den Rücken gedreht ist. Wissenschaftler gehen von einem typischen Paarungsverhalten aus. Der Walfisch rammt ihn aus dem Hinterhalt in die Seite und dreht ihn dabei um. Da die Orcas im Team angreifen, hat der Raubfisch kaum eine Chance zu entkommen. Dann reißt er ihm die Delikatessen aus dem Körper und lässt sein Opfer tödlich verwundet wegtreiben. Lohnt sich eigentlich der Aufwand für die Leber? Bei einem ausgewachsenen Selachier reden wir von einem 130 Kilo schweren Organ. Was eines beweist: Der Orca steht an der Spitze der Nahrungskette und Paarungswilligkeit kann töten.
Dadurch hat sich die Haipopulation in dieser Küstenregion Südafrikas extrem verringert, denn Haie vermeiden Kämpfe oder Gefahren. Die Robben vor der Küste Gansbaais haben deshalb nicht weniger Sorgen. Denn Orcas hauen vor dem eigentlichen Frühstück gerne mal die eine oder andere Robbe weg.
Auf Sylt werden wir nie einen gefährlichen Hai oder gar einen Orca sichten. Jedenfalls nicht schwimmend. Falls ihr einen dunklen Schatten unter euch erblickt: Bewegt sich die hintere Schwanzflosse von oben nach unten – alles gut. Wenn die Schwanzflosse statt dessen wie ein Lämmerschwänzchen wackelt, rauf aufs Brett oder Richtung Insel paddeln. Dann heißt es Haie vor Sylt Bis es aber so weit ist, achtet lieber auf Schwimmer und dass ihr den Strand sauber hinterlasst.