Surfmagazin Sylt
Wavepoints:

StandUp Paddling auf der Insel Sylt

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Der Wassersport treibt immer neue Blüten. Zunächst war es das klassische Wellenreiten, welches die Massen faszinierte. Ab Mitte der 70er Jahre folgte das Windsurfen, bevor es vom Kitesurfing zu Beginn des Jahrtausends abgelöst wurde. Jede dieser Sportarten wurde speziell auf Sylt zum festen Bestandteil der Gesellschaft. Das Ende in der Entwicklung des Wassersports ist nicht absehbar. Der StandUp-Paddling Worldcup, der 2009 in der Hamburger Hafencity durchgeführt wurde, war der Katalysator für einen ganz neuen Trend.

 

 

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Betrachtet man die reinen Hardwareverkäufe, dann hat das StandUp-Paddling in den letzten zehn Jahren alles auf den Kopf gestellt. Für die meisten Wassersportarten werden bestimmte Rahmenbedingungen benötigt – das StandUp-Paddling ist losgelöst davon. Ob auf dem Baggersee bei Wattenscheid oder in der Welle vor Biarritz – die Stehpaddelboards sind vielfältig nutzbar. Anfänglich waren es ausschließlich Hardboards, mit denen gepaddelt wurde. Die Windsurfschulen nutzten oft noch alte Windsurfboards, um sich die Neuanschaffung zu sparen. Aber bald setzten sich die stabileren und in der Performance optimierten Bretter durch, die vorrangig für das StandUp-Paddling geshapt wurden. Immer mehr Sportler fanden Gefallen an den Boards. Aufgrund der Bauweise waren diese zu lang und vielen zu schwer, um sie als Massenprodukt auf den Markt zu bringen. Die Industrie suchte einen Weg, um die Problem der Lagerung und des Transports zu umgehen. Erste Prototypen für aufblasbare Boards wurden erstellt und plötzlich explodierte das StandUp-Paddling. Die Produzenten der Branche begannen Boards in allen Größen und Formen zu verkaufen. Wirtschaftlich nahm die neue Kategorie einen sehr guten Verlauf. In einer Branche, der permanent der Kollaps vorhergesagt wurde, begann sich ein Funken der Hoffnung breitzumachen. Passiert so etwas, dann steht in der Regel jemand mit einem Benzinfass bereit, um dieses auf den Funken zu kippen. Der Effekt war in diesem Fall ein Überschütten des Marktes mit Boards aus Billigproduktionen. Quanität über Qualität! Zwischen Weizenmehl, Gartenstühlen und Tütensuppen wurde Brett um Brett gepresst. Containerpreise, Valuta, Zinseszins, Skonto und Lagerkennzahlen und nicht Magicseaweed oder das Fachsimpeln über Paddellängen oder Finnenformen diktierten den Terminus.

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Der Preis fiel von gemittelten 700 Euro für ein durchschnittliches inflatable Komplettboard mit Finnen, Leash, Paddel und Pumpe auf unter 300 Euro. Kunden wanderten von den Surfshops in die Supermärkte und nach einer Weile wieder zurück, um Finnen, Ventile oder Paddel der Billigboards zu reparieren, auszutauschen oder ein sonstiges Upgrade vorzunehmen. Corona pushte den Individualsport in den letzten Jahren nochmals. Die Folge waren Abverkäufe in nie gekannten Ausmaß. In diesem Jahr ist es etwas ruhiger im Verkaufssektor. Die Lager sind übervoll, denn die Branche reagierte auf die hohen Verkaufszahlen mit gesteigerter Produktion und fallenden Preisen.

Die entscheidende Frage ist: Welches Board ist für welchen Fahrer interessant? Sylt stellt ganz spezielle Anforderungen. Ein Hardboard ist auf der Insel erste Wahl. Dies hat viele Gründe. Zum einen ist es der konstante Wind, der aufblasbare Boards aufgrund ihrer Höhe seitlich abdriften lässt. Aber auch der stetige Wellengang mit dem unvermeidlichen „Choppy Water“ wird von einem klassischen Expoxyboard besser aufgefangen.

Wenn es um StandUp-Paddeln in der Welle, sprich Surfen geht – führt kein Weg am Hardboard vorbei. Inflatable Boards neigen dazu, sich in der Welle zu verziehen. Übertrieben formuliert erinnert diese Art der Torsion daran, auf einem Wasserbett Trampolin zu stehen. Die runde hohe Rail verhindert, dass Kantendruck ausgeübt werden kann. Das Unterdeck scheint an der Woge festzukleben und löst sich s nicht von der Wasseroberfläche. Der Effekt ist in der Regel ein seitliches Umkippen beziehungsweise Einspitzeln der Nose, während das Wasser von hinten drückt. Wir haben inflatable Boards von Nash oder Fanatic gesehen, die in der Welle funktionieren. Eine optimale Lösung sieht anders aus. Tripstix stellt ein i-Waveboard mit einem Mehrkammersystem her, das bei ähnlicher Härte eine sehr flache Rail bietet. Der Verkaufspreis von fast 2000 Euro wirkt hoch – bedenkt man die europäische und ökologische Fertigung, relativiert sich der Betrag.

Wozu sind nun die Discounterboards gut? Vordergründig spart man 400 Euro oder mehr. Es sind auch nicht per se alle Boards unter 300 Euro Kernschrott. Doch es ist offensichtlich, dass ein Sportgerät, welches im Vergleich 50% weniger kostet als das Einsteigerboard eines Markenherstellers, Fragen aufwirft. Kaum ein Surfshop verkauft diese Boards, denn er wird sein Standing nicht wegen ein paar Euro aufs Spiel setzen. Wenn überhaupt, dann verkaufen diese Inflatable-Boards von Produzenten, die in der Surfszene fest verwurzelt sind.

Auf Sylt schlagen sich trotz der eher steilen Welle Boards in der Größe um 10.6 Fuß recht gut. Ausreichend, um Strecke auf der Ostseite oder Windstille an der Westseite zu machen. Die Allrounder sind außerdem in der Welle angenehm zu surfen. Fortgeschrittene Fahrer bevorzugen kleinere Boards. Exoten wie Raceboards über 12 Fuß findet man hier eher selten. Auf der Insel wird man solche Boards auch kaum kaufen können. Sonni Höhnscheid trainiert über das Jahr verteilt auf diesen etwas längeren Boards für ihre Rennen. So lang die Raceboards auch erscheinen. Sie sind wesentlich kippliger als jedes vergleichbare Board. Der Shape erinnert zum Teil an eine Mischung aus Kajak und Surfboard. Das Volumen ist extrem hoch, doch gefühlt ist es ein Tanz auf dem Sektkorken. Für Einsteiger also gänzlich ungeeignet.

StandUp-Paddling auf Sylt

 

Uns findet ihr bei wenig Wind oder Ostwind auf der Westseite und bei starkem Westwind auf der Ostseite. Wir paddeln mit einem 9.6 Naish Allrounder, einem Oxbox Waveboard 9.6 und natürlich mit den Trixstix’s, wenn wir Besuch haben. Und dann wäre ja da noch unser Geheimtip. Die Sandbänke…

Der große Vorteil des StandUp-Paddling auf Sylt ist das relativ einfache Erreichen der zweiten Sandbänke, die sich vor der Küste der Insel wie an einer Perlenkette aufgereiht, herziehen. Leider vernichtet der ein oder andere Herbst oder Wintersturm diese Surfparadiese regelmäßig. Oder die Stürme versetzen diese um einige Meter. Sylt bleibt, was dies betrifft, ein Überraschungspaket. Was letzte Saison noch perfekt funktioniert, erscheint in diesem Jahr flach wie der Ostsee vor Fehmarn.

Du erkennst sie in der Regel bei Ebbe. Zum Teil sind die Bänke stehtief. Die solltest du auch bedenken, wenn du dort vom Brett springst. An einigen Spots erscheinen sie weit vor der Küste. Aber der Weg ist es wert. Belohnt wirst du mit den längsten Wellen der Insel und – für uns wichtig – mit einer für nicht möglich gehaltenen Ruhe. Denn Schwimmer oder Surfer mit Shortboards finden sich hier eher selten. Man ist mit sich und der Nordsee alleine. Trotzdem sollte man immer mit seinem Surfbuddy rauspaddeln oder schauen, ob schon jemand draußen ist. Denn im Falle eines Falles bekommt niemand mit, dass du einen unfreiwilligen Tauchkurs machst oder dich in welcher Form auch verletzt hat. So verlockend es ist – bei starkem Ostwind solltest nicht dorthin paddeln. Es sei denn, du möchtest einem Tankerkapitän in der Hauptschifffahrtslinie einen Gruß zuwinken oder das nächste Heimspiel von Newcastle F.C. auf der Tribüne verbringen.

 

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Was tun, wenn man in eine solche Situation kommt? Ruhe bewahren und auf die Knie gehen. Dein Körper wirkt wie ein Segel. Diese Segelfläche gilt es zu verkleinern. Auf den Knien kannst du nun einfacher Richtung Ufer paddeln. Funktioniert dies nicht, so lege das Paddel der Länge nach auf das Board. Paddelknauf nach vorne. Das Paddelblatt liegt dann unter dir. Jetzt kannst du im Liegen mit den Händen paddeln. NIEMALS das Board verlassen! Die Leash und das Board sind Dein Lifesaver! Solltest du ohne Leash vom Board fallen, dann als ERSTES zum Board schwimmen. Das Paddel kannst Du später holen. Wenn gar nichts funktioniert, bleibt dir nur die Option Dich auf das Board zu stellen und durch Winken auf Dich aufmerksam zu machen. Versuche nicht an Land zu schwimmen.

Anders sieht das Paddeln auf der Ostseite aus. Keine Welle und ein Einstieg wie am Baggersee. Hier ist aber ein Abpassen der Tide sehr wichtig. Hast du das übersehen, wirst du wahrscheinlich einen etwas längeren und unfreiwilligen Schlickwanderkurs belegen. Das ist nicht nur recht anstrengend. Die Muscheln oder Steine fordern gerne mal zu einer unfreiwilligen Blutspende auf. Surfschuhe oder Neoprensocken sind hier sehr hilfreich. Meide, wenn es geht, die Hafenausfahrt des Munkmarscher Hafens. Solltest du kein Board dabei haben, dann kannst Du bei Calle Schmidts Surfschule Sylt Surfing eins mieten.

Mieten kannst Du ein StandUp-Paddling bei allen Surfschulen der Insel. Falls du Dein Inflatable dabei hast, kannst du dies natürlich nutzen. Doch solltest du unbedingt einmal ein Hardboard testen, um die Unterschiede zu fühlen und dem unruhigen Wasser zu begegnen. Ein Aha-Effekt ist garantiert – garantiert!

Die schönste Zeit des Tages
Grundsätzlich ist die Zeit egal. Sylt bietet immer einen grandiosen Ausblick. Getreu dem Motto: Das Leben ist scheiße – aber die Grafik ist geil. Morgens auf der Ostseite zu paddeln, speziell bei Sonnenaufgang, ist ein Highlight. (Und immer schön den Geezeitenkaldender beachten)

Auf der Westseite bietet sich der frühe Vormittag an. Der Strand ist noch nicht gefüllt und mit viel Glück findet sich eine Schweinswal-Schule, die zwischen den Sandbänken ihren Schulalltag bestreitet. Abends wirst du wahrscheinlich am meisten Spaß haben. Die untergehende Sonne zaubert ein ganz besonderes Licht auf die Nordsee. Wenn du Dich nun umdrehst, wirst du viele Handybesitzer sehen, die Dich als Model missbrauchen. Checke am nächsten Tag Instagram mit den üblichen Hashtags #syltsurfer #sunset #Sunsetsurfer #sylt

Ein kleiner Sicherheitstip:
Meide den nördlichen Bereich des Ellenbogens bei List oder auch den Bereich um die Südspitze bei Hörnum. Hier herrschen sehr starke Strömungen und – es mag übertrieben klingen, ist aber so – für Schwimmer Lebensgefahr.

 

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